Tag 8 - 18. Juni
Wir sind schon etwas erschöpft nach all diesen Tagen, aber wir machen uns erneut auf den Weg. Frauen beginnen in den engen Gassen, Vorbereitungen für das spätere Mittagessen zu treffen. Der Duft von frischem Koriander und gebratenem Fleisch mischt sich mit dem Geruch von nassem Asphalt - ein olfaktorisches Porträt der Stadt, das ich eher zurückhaltend einatme.
Wir kommen zu einem Blumengarten mitten in der Altstadt. Er ist ein Ort zum Spielen und Ausruhen für die Bewohner des alten Stadtviertels. Der Hàng Đậu Garten war während der französischen Kolonialzeit unter dem Namen Carnot Garten bekannt. Dies war einst ein Schlachtfeld zum Schutz der Hauptstadt gegen die französische Kolonialisierung. Ein Denkmal für die Gefallenen versprüht den sozialistischen Flair der Vergangenheit.
Unser nächstes Ziel ist das Nordtor, Cửa Bắc. Ein monumentales Stück Geschichte, das im Jahr 1805 erbaut wurde. In seiner Steinstruktur eingraviert ist das Datum 25. April 1882, eine Erinnerung an den Tag, als französische Truppen das Feuer eröffneten und die Hauptstadt von Tonkin eroberten. Ich betrachte die Einschusslöcher in der Mauer, stille Zeugen einer turbulenten Vergangenheit.
Unser Weg führt uns weiter zur Straße der Handwerker. Dort sticht ein Schmied hervor. Obwohl dessen Werkstatt offen an einer Straßenecke liegt und die Sonne gnadenlos vom blauen Himmel herunter brennt, ist hier alles schwarz. Nur das Feuer leuchtet orange und taucht die Szene in ein surreales Licht. Der Schmied arbeitet konzentriert, erhitzt Eisenhaken, hämmert sie zurecht und kühlt sie im Wasser ab. Ich versuche, den Funkenflug, die zischenden Dampfwolken und den schlagenden Hammer in einer Aufnahme einzufangen.
Besonders interessant wird es, als wir zur Brauerei des “Bia Hoi Ha Noi” kommen. Dort werde ich von einer Gruppe von Männern eingeladen, die eher gar nicht vertrauenserweckend aussehen, zwischen ihnen an einem Tisch Platz zu nehmen und ein Bier zu trinken. Skeptisch, aber neugierig, nehme ich die Einladung an. Plötzlich bin ich Teil einer Szene, die ich sonst nur aus sicherer Distanz beobachtet hätte. Wir lachen, trinken, und unsere Gruppe von Fotografen bekommt die Gelegenheit, diese sonderbare Szene mit ihren Kameras festzuhalten - eine Interaktion, die ich in einer Stadt, die ich gerade erst entdecke, so nicht erwartet hätte.