Tag 7 - 17. Juni

Teezermonie

Bevor wir an diesem Tag auf unser Wanderung durch Hanoi die die Tempel der Literatur erreichen, bietet die vietnamesische Teezeremonie, die uns im Hien Minh Tea House geboten wird, eine willkommene Abwechslung. Dieses kleine, aber charmante Teegeschäft, versteckt in einer unscheinbaren Seitenstraße von Hanoi, ist bekannt für seine entspannende Atmosphäre und seine exzellente Auswahl an lokalen Teesorten.

Beim Betreten des Geschäfts fühlen wir uns sofort in eine andere Welt versetzt. Die Wände sind mit dunklem Holz verkleidet, und der gesamte Raum ist mit Teekannen und Tassen in allen Formen und Größen gefüllt. Im hinteren Bereich öffnet sich ein idyllischer Innenhof, in dem mehrere Tische um einen kleinen Teich mit Kois angeordnet sind.

Teezeremonie

Eine Frau begrüßt uns herzlich und beginnt, uns durch die Zeremonie zu führen. Sie bewegt sich mit bedächtiger Ruhe und Präzision, jede Geste ist durchdacht und elegant. Es gibt keine Eile; die Zeit scheint still zu stehen, während wir den komplexen Prozess der Teezubereitung beobachten.

Zuerst erhitzt sie das Wasser in einem kleinen Kessel, der über einem Holzkohlefeuer hängt. Sie erklärt, dass die Temperatur des Wassers für jede Teesorte anders sein muss - zu heißes Wasser könnte die empfindlichen Teeblätter verbrennen und den Geschmack beeinträchtigen.

Während das Wasser erhitzt wird, bereitet sie die Teekanne und die Tassen vor, indem sie sie mit heißem Wasser ausspült. Dies dient nicht nur der Reinigung, sondern auch dem Vorwärmen der Gefäße, um den Tee optimal aufbrühen zu können.

Als nächstes gibt sie die Teeblätter in die Kanne und gießt das heiße Wasser darauf. Der Tee darf dann einige Minuten ziehen, bevor er in die kleinen, fein gearbeiteten Teetassen gegossen wird.

Die Kostprobe des Tees ist ein Erlebnis für sich. Der Tee, den sie uns serviert, hat einen komplexen Geschmack mit einer angenehmen Balance zwischen Bitterkeit und Süße. Sie ermutigt uns, den Tee in kleinen Schlucken zu trinken, um die Vielfalt der Aromen vollständig erfassen zu können.

Die vietnamesische Teezeremonie ist mehr als nur ein Prozess der Teezubereitung - es ist eine Kunstform, die Geduld, Präzision und Respekt vor der Natur erfordert.

Literaturtempel

Literaturtempel

Ich stehe am Eingang des Khuê Văn Các, dem Tempel der Literatur, der im Herzen des pulsierenden Hanoi aufragt - eine Oase der Stille inmitten des städtischen Chaos. Ursprünglich im Jahr 1070 erbaut und dem Konfuzianismus gewidmet, diente diese ehrwürdige Stätte als die erste Universität Vietnams. Doch es ist mehr als nur ein Ort der Anbetung - es ist ein Denkmal für Bildung und Literatur, eine Verkörperung der Hochachtung, die diese Kultur für Wissen und Weisheit hegt.

Beim Betreten des Geländes werden wir von einer sorgfältig gepflegten Gartenanlage begrüßt. Lotusblätter schwimmen auf den stillen Oberflächen der Teiche, während uralte Bäume und blühende Sträucher eine ruhige Oase des Grüns bilden.

Die Tempelanlage selbst ist ein harmonisches Labyrinth aus fünf Innenhöfen, verbunden durch Tore, die kunstvoll mit sorgfältigen Schnitzereien verziert sind. Ich spaziere über die gepflasterten Pfade, flankiert von historischen Gebäuden mit fein gearbeiteten Holzdächern und roten Ziegelmauern.

Eines der beeindruckendsten Merkmale dieser Tempel ist jedoch die Darstellung von Schildkröten. Auf dem Gelände verteilt stehen mehrere Stelen, die auf dem Rücken von steinernen Schildkröten ruhen. Die Schildkröte ist in der vietnamesischen Kultur ein Symbol für Langlebigkeit und Weisheit. Diese Stelen sind mit den Namen derjenigen eingraviert, die die anspruchsvollen Prüfungen der Königlichen Akademie bestanden haben, und stehen somit als Zeugnis für Bildung und Gelehrsamkeit.

Obwohl die Tempel der Literatur eine lange Geschichte von Zerstörung und Wiederaufbau haben, stehen sie heute stolz als Denkmäler der vietnamesischen Kultur und Bildung. Der Besuch dieser Tempel ist eine lehrreiche und beruhigende Erfahrung, die uns an die tiefe Geschichte und Tradition Vietnams erinnert. In der Mitte der hektischen Stadt Hanoi sind sie ein wahrer Ort der Ruhe und Inspiration.

Ga Hà Nội, Bahnhof

Mit Nicolas als unserem Führer navigieren wir uns durch das Labyrinth der Nebenstraßen und Hinterhofgassen. Manchmal fühlt es sich so an, als wären wir in einem anderen Hanoi gelandet, fernab der touristischen Trampelpfade. Die Gassen sind eng und verschlungen, gesäumt von hohen, eng beieinander stehenden Gebäuden, die den Himmel nur als einen schmalen Streifen erkennen lassen. Die Hitze hängt schwer in der Luft, von der Schwüle feucht und fast greifbar. Hier und da türmt sich Müll in den Ecken, und sein süßlich-scharfer Gestank mischt sich mit den Gerüchen der Garküchen, dem Abgas der Mopeds und dem allgegenwärtigen Staub.

Schließlich erreichen wir den Hauptbahnhof von Hanoi, den Ga Hà Nội. Das Wort “Ga” stammt aus dem Französischen “Gare” und bedeutet Bahnhof - ein Überbleibsel aus der Zeit der französischen Kolonialisierung Vietnams. Ga Hà Nội ist der Hauptbahnhof der Stadt und ein wichtiges Drehkreuz für den Eisenbahnverkehr in ganz Nordvietnam.

Trotz der intensiven Hitze und Schwüle fühlt es sich hier etwas erträglicher an. Wir betreten den Bahnhof, doch wir sind vorsichtig. Nicolas erinnert uns daran, dass Bahnhöfe in Vietnam als strategische Objekte gelten und daher nicht ohne Weiteres fotografiert werden dürfen. Die wenigen Bilder, die wir machen, sind schnell und diskret, ohne die Aufmerksamkeit der wenigen Anwesenden zu erregen. Dann verlassen wir den Bahnhof wieder.

Am Thien Quang See

Nach Stunden des Schwitzens, Fotografierens und umherschweifenden Erkundens, fühlen wir uns wie ausgewrungene Tücher - dehydriert, erschöpft, mit einer Patina aus Staub und Schweiß auf der Haut. Wir irren ein wenig im Stadtviertel herum, auf der Suche nach einem von Nico empfohlenen Restaurant, das es aber mittlerweile nicht mehr zu geben scheint. Ich schlage schließlich vor, dann zu eine der Juwelen Hanois, dem Ngon Garden Restaurant zu gehen.

Das Restaurant ist wie eine Oase. Sobald wir eintreten, werden wir von einer kühlen Brise begrüßt, die uns sofort erfrischt. Die Einrichtung ist traditionell und zugleich modern. Wir setzen uns an einen der großen Holztische, unsere müden Körper sinken dankbar in die weichen Kissen der Sitzmöbel.

Die Speisekarte ist eine Reise durch Vietnam selbst - Gerichte aus allen Teilen des Landes werden angeboten, mit betonter Priorität auf frischen, lokal angebauten Zutaten. Wir bestellen eine Mischung aus allem - knusprige Frühlingsrollen, duftende Pho, scharfe Hünergerichte oder Meeresfrüchte, dazu natürlich eisgekühltes Bia Hoi, das uns hilft, unsere Dehydrierung zu bekämpfen.

Beim Essen tauschen wir unsere Geschichten und Eindrücke aus, während wir uns langsam erholen. Der Tag war anstrengend, aber unglaublich bereichernd.