Tag 6 - 16. Juni

Museum der MilitÀrgeschichte

Am heutigen Tag steht das MilitÀrmuseum auf unserem Plan, ein Ort, der die ernsten, aber zugleich faszinierenden Aspekte der vietnamesischen Geschichte zum Leben erweckt.

BáșŁo tĂ ng Lịch sá»­ QuĂąn sá»± Việt Nam

Ich war zunĂ€chst etwas skeptisch, ob wir als westliche Fotografen wirklich militĂ€risches GerĂ€t fotografieren sollten. In den meisten sozialistischen Staaten kann das ganz schnell, ganz ĂŒbel enden. Doch dies hier ist ein Museum. Es zeigt auf eindrucksvolle Weise die Schwierigkeiten und den Mut der vietnamesischen Soldaten, die durch dichten Dschungel und unwegsame Gebirge gekĂ€mpft haben, etwas worauf die Vietnamesen stolz sind. Schon am Eingang wird mir dann aber klar, dass wir daher willkommen sind. Die Soldatin an der Pforte bittet sogar darum, dass ich einige Bilder von ihr mache, um sie ihr spĂ€ter zukommen zu lassen.

Umgeben von Ausstellungen alter Waffen, Flugzeuge, Panzer und Artillerie, die einst auf KriegsschauplĂ€tzen dienten, fĂŒhle ich mich zugleich beeindruckt und eingeschĂŒchtert. Diese stummen Artefakte erzĂ€hlen Geschichten von Konflikten und Siegen, vom Schmerz des Verlustes und der Freude des Triumphs.

WĂ€hrend ich durch die Reihen des KriegsgerĂ€ts schlendere und versuche, die Vielfalt der Exponate mit meiner Kamera einzufangen, strömen Schulklassen in das Museum. Die Kinder sind begeistert, uns EuropĂ€er zu sehen, und ihre Neugierde auf die Fremden mit den Kameras ist fast ansteckend. Mit leuchtenden Augen und freudigem Lachen posieren sie fĂŒr meine Fotos, zaubern eine unerwartet heitere AtmosphĂ€re in das ansonsten so ernste Umfeld des Museums. Die Bilder, die ich von diesen Kindern mache, zeugen von Optimismus und Lebensfreude, ein krasser Kontrast zur schweren Geschichte des Landes, die dieses Museum reprĂ€sentiert.

Hồ ChĂ­ Minh Mausoleum

(Lăng Chủ tịch Hồ ChĂ­ Minh)

Lăng Chủ tịch Hồ ChĂ­ Minh

Weiter geht es zum Ho-Chi-Minh Mausoleum. Es prĂ€sentiert sich in der Mittagshitze Hanois ungewöhnlich leer. Ho Chi Minh, ‘der Erleuchtete’, war mehr als nur ein Politiker fĂŒr die Vietnamesen. Er war ein Symbol, ein FĂŒhrer, der sein Volk durch die dunkelsten Zeiten ihrer Geschichte fĂŒhrte. Geboren 1890 in eine lĂ€ndliche Familie, erlangte er internationale Anerkennung als FĂŒhrer der UnabhĂ€ngigkeitsbewegung Vietnams gegen die französische Kolonialherrschaft. Sein eigentlicher Name war Nguyen Sinh Cung, doch er ist in der ganzen Welt unter seinem Kriegsnamen “Ho Chi Minh” bekannt, was so viel wie “derjenige, der das Licht bringt” bedeutet.

Das Mausoleum, in dem er aufgebahrt ist, wurde ihm zu Ehren errichtet, nachdem er 1969 verstarb. Obwohl Ho Chi Minh in seinem Testament verfĂŒgte, dass er verbrannt werden wolle, wurde er einbalsamiert und liegt seitdem in diesem Mausoleum, einem Ort der Verehrung fĂŒr viele Vietnamesen. Es ist ein Symbol der UnabhĂ€ngigkeit und des Widerstands des vietnamesischen Volkes.

Der kĂŒhle Granit des Monumentes wirkt in der schweißgetrĂ€nkten AtmosphĂ€re der Stadt fast unnatĂŒrlich, beinahe wie ein fremdartiger Körper. Die Wachen, in ihren weißen Uniformen, streng und unnachgiebig in ihrer stoischen Routine, sind die einzigen Lebewesen, die sich der brennenden Sonne trotzen.

Ich halte in einiger Distanz inne, versteckt hinter meiner Kameralinse. Das Mausoleum ist monumental, imposant und eine Herausforderung fĂŒr jeden Fotografen, vor allem ohne den lebendigen Kontrast der Menschenmenge. Aber gerade dieser Mangel an Menschlichkeit verleiht dem Platz eine stille, fast hypnotische Faszination.

Quán Thánh Tempel

Ich schaue mich um und mein Blick bleibt an den uralten BĂ€umen hĂ€ngen, deren Äste den Hof des Tempels ĂŒberschatten und dessen Wurzeln scheinbar tief in die vietnamesische Erde reichen. Zwischen den BĂ€umen und den Ziegelwegen, die durch den Tempel fĂŒhren, blitzen Statuen und Schreine hervor, sorgfĂ€ltig aus Stein gemeißelt und von Generationen von GlĂ€ubigen mit Gebeten und RĂ€ucherstĂ€bchen geehrt.

ĐĂȘ̀n Quán Thánh

Im Inneren des Tempels finde ich eine massive Bronzestatue des Tran Vu, des Schutzgottes des Nordens, die in der Zeit des Le-Dynastie geschaffen wurde. Der Gott sitzt auf einem Thron, umgeben von Schildkröten und Schlangen, welche beide bedeutende Symbole in der vietnamesischen Mythologie sind.

Ich halte inne und versuche, dieses beeindruckende Bild festzuhalten. Die Weite und der Frieden des Ortes, das Spiel von Licht und Schatten auf den alten Steinen, und die ehrfurchtgebietende Statue selbst - all das macht das Fotografieren hier zu einer Herausforderung.

Es ist ein heißer Tag und dieser Tempelgarten mit seinen Schatten spendenden BĂ€umen kommt gerade recht. Schließlich setzen wir uns auf die steinernen BĂ€nke am Rande des Tempels und atmen tief durch, bevor wir uns auf den Weg zurĂŒck in die Stadt machen.

Die Frau mit dem Strohhut

Noch bevor die Dunkelheit begann, den Himmel ĂŒber Hanoi einzuhĂŒllen, spazierte ich alleine zum HoĂ n Kiáșżm See. Menschen bevölkerten den See, einige schlenderten am Ufer entlang, andere saßen auf den BĂ€nken und genossen die KĂŒhle des beginnenden Abends.

Frau mit Strohhut

Am Rande des Weges stand eine Frau, einige bunte FĂ€cher in ihren HĂ€nden. Sie trug einen traditionellen Strohhut, der ihr Gesicht halb verdeckte, aber ich konnte ihre Augen sehen, die vor Freundlichkeit glĂ€nzten. Ich nĂ€herte mich ihr und sie grĂŒĂŸte mich mit einem “Xin chĂ o” und winkte mich nĂ€her. Mit unserem rudimentĂ€ren VerstĂ€ndnis des jeweils anderen, konnten wir uns auf eine einfache Art und Weise verstĂ€ndigen. Ich kaufte einen ihrer FĂ€cher, ein schönes StĂŒck, das ich meiner Frau als Souvenir mitbringen konnte.

Dann fragte ich sie, ob ich einige Fotos von ihr machen dĂŒrfte. Sie zögerte einen Moment, bevor sie nickte. Ich holte meine Kamera heraus und begann, die Szene einzurichten. Ich machte nur drei Aufnahmen, aber eine stach besonders hervor. In diesem Moment rĂŒckte sie gerade ihren Strohhut zurecht. Dieses Bild strahlte eine stille WĂŒrde aus, die die Essenz meiner Reise nach Hanoi einzufangen schien.

Dieses eine Foto dieser Frau mit dem Strohhut wurde zu meinem persönlichen AushĂ€ngeschild fĂŒr diese Reise. Es war nicht nur eine Erinnerung an die Schönheit von Hanoi, sondern auch an die Menschlichkeit, die ich in den einfachen Begegnungen mit den Menschen gefunden hatte. Und obwohl ich viele beeindruckende Fotos wĂ€hrend meiner Zeit in Vietnam gemacht habe, ist dieses Bild, das eine bescheidene FĂ€cherverkĂ€uferin am HoĂ n Kiáșżm See zeigt, dasjenige, das ich immer wieder betrachte und das mich jedes Mal aufs Neue berĂŒhrt.

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